Einkommensteuer

Die Einkommensteuer ist die Steuer der natürlichen Person (Gegensatz: juristische Person). Personenvereinigungen unterstehen je nach Gestaltung entweder dem Einkommensteuerrecht oder dem Körperschaftsteuerrecht.

Die Einkommenssteuer ist die bedeutendste Steuer sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für den Staat. Der Bundeshaushalt z.B. wird zu 30 % durch die Einkommensteuer finanziert.

Die folgenden Ausführungen sind wie folgt gegliedert:

1. Steuerpflicht

2. Einkommensarten

3. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens

4. Sonderausgaben

5. Außergewöhnliche Balastungen

6. Freibeträge

7. Einkommensteuertarif

8. Erhebung der Einkommensteuer



1. Steuerpflicht

Die Einkommensteuerpflicht - entsprechend sieht die Systematik anderer Steuergesetze aus - ist in § 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelt. Danach ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wer in Deutschland einen Wohnsitz hat. Die Staatsangehörigkeit ist insofern ohne Bedeutung. Beschränkt einkommensteuerpflichtig ist, wer zwar keinen Wohnsitz in Deutschland hat, aber bestimmte Einkünfte in Deutschland erzielt. Folglich entgeht der deutschen Steuerpflicht nur, wer keinen Wohnsitz in Deutschland hat und keine Einkünfte in Deutschland erzielt.

Die nationale Steuerpflicht wird eingeschränkt durch Doppelbesteuerungsabkommen. Bei den Doppelbesteuerungsabkommen handelt es sich um Vereinbarungen zwischen zwei Staaten. Diese Vereinbarungen orientieren sich weitgehend an dem OECD-Musterabkommen, sind also zu einem großen Teil identisch. Es bestehen nicht mit allen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen.

2. Einkommensarten

Neben der Steuerpflicht knüpft das Einkommensteuergesetz an bestimmten Einkunftsarten an (§ 2 EStG). Die Kenntnis dieser Einkunftsarten wird in allen kaufmännischen Berufsausbildungsgängen verlangt. Im einzelnen handelt es sich um folgende Einkunftsarten:

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
  4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen
  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  7. sonstige Einkünfte
    1. wiederkehrende Bezüge (z.B. Renten)
    2. Unterhaltsleistungen Geschiedener und getrennt Lebender
    3. Spekulationsgeschäfte
    4. Leistungen (z.B. gelegentliche Vermietung körperlicher Gegenstände)
    5. Abgeordnetenbezüge

Bei den sonstigen Einkünften handelt es sich also um 5 Einkunftsarten. Sachlich richtig wäre es daher von 11 Einkunftsarten zu sprechen; es ist aber die Bezeichnung "7 Einkunftsarten" üblich. Die Bedeutung der Einkunftsarten besteht einerseits darin, da_ für jede Einkunftsart besondere Regeln gelten. Andererseits besteht die Bedeutung darin, da_ Einkünfte, die nicht das Merkmal einer Einkunftsart erfüllen, steuerfrei sind. Steuerfrei sind danach z.B. Lottogewinne und Gewinne aus Veräu_erungsgeschäften von Gegenständen des Privatvermögens.

Fall:

X vermietet eine Wohnung. Um welche Einkunftsart handelt es sich ?

Antwort:

Es kommt darauf an.

  1. Handelt es sich bei der Wohnung um land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen, so liegen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vor.
  2. Handelt es sich bei der Wohnung um gewerbliches Betriebsvermögen, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.
  3. Handelt es sich bei der Wohnung um ein der selbständigen Arbeit (z.B. freiberufliche Tätigkeit) dienendes Betriebsvermögen, so handelt es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
  4. Handelt es sich bei der Wohnung um Privatvermögen, so liegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor.

Frage: Welche Bedeutung hat die Einordnung in eine Einkunftsart ?

Antwort:

  1. Die Einordnung in eine Einkunftsart ist maßgeblich für die Berücksichtigung von Besonderheiten der jeweiligenkollosche Einkunftsart.
  2. Der grundlegende Unterschied besteht in der Behandlung der Veräußerungsgewinne und Veräu6szlig;erungsverluste. Befindet sich die Wohnung in einem Betriebsvermögen (siehe oben a - c), wirken sich Veräu6szlig;erungsgewinne und Veräußerungsverluste auf die Höhe der Einkünfte in der jeweiligen Einkunftsart aus. Befindet sich die Wohnung jedoch im Privatvermögen, sind Veräußerungsgewinne und Veräußerungsverluste - außerhalb der Spekulationsfrist von 2 Jahren - steuerlich unbeachtlich. Ein Veräußerungsgewinn z.B. ist also steuerfrei, wenn sich die Wohnung im Privatvermögen befindet.

Frage:

Sollte ein Steuerpflichtiger - vorausgesetzt das Steuerrecht läßt ein Wahlrecht zu - ein Gebäude im Privat- oder im Betriebsvermögen halten ?

Antwort:

Es kommt darauf an, ob im Falle der Veräußerung mit einem Veräußerungs- gewinn oder mit einem Veräußerungsverlust gerechnet wird. Grundsätzlich wird allgemein davon ausgegangen, daß Zahlungsmittel einer gewissen Geldentwertung unterliegen. Allein aus diesem Grunde müßte sich bei einem Gebäude, das über längere Zeit im Eigentum des Steuerpflichtigen steht, ein nomineller Gewinn entstehen. Dieser Gewinn wäre steuerpflichtig, wenn sich das Gebäude im Betriebsvermögen befände. Sofern eine Wahlmöglichkeit besteht, wird daher allgemein eine Gestaltung bevorzugt, bei der Gebäude dem Privatvermögen zugeordnet werden können. Die Auswirkungen werden in dem folgenden Beispiel erläutert.


Fall:

Ein Steuerpflichtiger kauft ein Gebäude für 1 Mill. DM. In 5 Jahren schreibt er 60 % ab. Dann verkauft er das Gebäude für 1 Mill. DM. Welche steuerlichen Folgen ergeben sich (Steuersatz 50 %) ?

Antwort:

a) Gebäude im Betriebsvermögen

Jahr 12 %
Abschreibung
Änderung
Einkommensteuer
1. 120.000,00 - 60.000,00
2. 120.000,00 - 60.000,00
3. 120.000,00 - 60.000,00
4. 120.000,00 - 60.000,00
5. 120.000,00 - 60.000,00
Summe 600.000,00 - 300.000,00
Veräußerungsgewinn
Anschaffungskosten 1.000.000,00
Abschreibung 600.000,00
Buchwert 400.000,00
Erlös 1.000.000,00
Veräußerungsgewinn 600.000,00
Einkommensteuer
bei Veräußerung + 300.000,00
Ersparnis in den 5 Vorjahren - 300.000,00
Saldo in 5 Jahren 0,00

Per Saldo ergäbe sich also im vorliegendes Beispiel weder ein Gewinn noch ein Verlust. Auf längere Sicht ist damit zurechnen, daß der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten übersteigt. Dann ergibt sich ein negativer Einkommensteuereffekt. Im vorliegenden Fall verbleibt ein steuerlicher Vorteil, der in dem Zins- und Liquiditätsgewinn besteht. Die Einkommensteuer mindert sich jährlich um DM 60.000, die für andere Zwecke zur Verfügung stehen.

b) Privatvermögen

Während der Vermietungsphase besteht kein Unterschied zu der Darstellung unter a) Betriebsvermögen.

Jahr 12 %
Abschreibung
Änderung
Einkommensteuer
1. 120.000,00 - 60.000,00
2. 120.000,00 - 60.000,00
3. 120.000,00 - 60.000,00
4. 120.000,00 - 60.000,00
5. 120.000,00 - 60.000,00
Summe 600.000,00 - 300.000,00

Der Veräußerungsgewinn ist nicht steuerpflichtig.

Steuerersparnis in 5 Jahren daher: DM 300.000,00

Befindet sich das Gebäude im Privatvermögen, bleibt dem Steuerpflichtigen der Steuervorteil erhalten, da der Veräußerungsgewinn - außerhalb der Spekulationsfrist (für Gebäude: 2 Jahre) - nicht steuerpflichtig ist. Sollte eine Wertsteigerung erfolgt sein, bleibt diese ebenfalls einkommensteuerfrei.

3. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens

Die Einkommensteuer bemißt sich aufgrund eines progressiv von 0 auf 53 % steigenden Steuersatzes nach dem "zu versteuernden Einkommen". Zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens sind von den Einnahmen des Steuerpflichtigen unter Umständen zahlreiche Abzüge zu machen. Die Einnahmen des Steuerpflichtigen selbst sind nicht Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer.

Die Begriffe "Einnahmen", "Einkünfte", "Gesamtbetrag der Einkünfte", "Einkommen" und "zu versteuerndes Einkommen" sind gesetzlich genau definiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch und in Publikationen hält man sich jedoch nicht an diese gesetzlichen Definitionen. Folglich sind Mißverständnisse auf diesem Gebiet häufig.

Ein zentraler Begriff sind die "Einkünfte". Diese Einkünfte entsprechen z.B. dem handelsrechtlichen "Gewinn". Außerhalb der handelsrechtlichen Gewinnermittlung bzw. Gewinnermittlung durch Betriebsvermögenvergleich sind die Einkünfte - je nach Einkommensart - wie folgt definiert:

Betriebseinnahmen
- Betriebsausgaben
= Gewinn

oder

Einnahmen
- Werbungskosten
= Überschuß

Betriebseinnahmen bzw. Einnahmen sind alle Einnahmen die durch die Einkunftsart veranlaßt sind.

Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind ( § 4 Abs. 4 EStG)

Beispiel:

Ein Gastwirt stellt einem Gast DM 20,00 in Rechnung und kassiert diesen Betrag. Dies sind seine Betriebseinnahmen. Die Summe dieser Betriebseinnahmen ergibt die Betriebseinnahmen des Tages oder des Jahres.

Daneben hat dieser Gastwirt Betriebsausgaben. Er muß Miete bezahlen, Energiekosten, Löhne, Waren usw. Die Summe dieser Aufwendungen ergibt z.B. die Betriebsausgaben eines Jahres.

Die Differenz zwischen diesen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ergibt seinen Gewinn bzw. Verlust. Dieser Gewinn bzw. Verlust ist identisch mit seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer erhält einen Bruttolohn von DM 50.000,00 im Jahr. Dies sind seine Einnahmen. Daneben hat er Aufwendungen, die durch die Einkunftsart veranlaßt sind, wie z.B. Fahrtkosten, Fortbildungskosten, häusliches Arbeitszimmer usw. Sozialabgaben und Lohnsteuer gehören nicht zu den Werbungskosten, da diese nicht durch die Einkunftsart veranlaßt sind. Die Differenz zwischen Einnahmen und Werbungskosten ergibt die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Spricht also ein Steuerfachmann von Einkünften, so meint er die Differenz zwischen den Einnahmen und den Aufwendungen, die durch die Einkunftsart veranlaßt sind.

Erzielt ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus mehreren Einkunftsarten, so ergibt die Addition die Summe der Einkünfte. In diese Summe fließen auch negative Einkünfte (Verluste) ein. Auf diese Weise können sich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit z.B. mit Verlusten aus Vermietung und Verpachtung ausgleichen. Bei bestimmten ausländischen Verlusten ist dieser Verlustausgleich eingeschränkt (vgl. § 2a EStG).

Entsprechend § 2 EStG ermittelt sich das zu versteuernde Einkommen sodann wie folgt:

1. Summe der Einkünfte

- Altersentlastungsbetrag

- Freibetrag für Land- und Forstwirte

= 2. Gesamtbetrag der Einkünfte

- Sonderausgaben

- außergewöhnliche Belastungen

= 3. Einkommen

- Kinderfreibeträge

- Haushaltsfreibetrag

- sonstige Freibeträge

= 4. zu versteuerndes Einkommen

Dem jeweiligen zu versteuernden Einkommen entspricht ein Einkommensteuerbetrag, der aus der Einkommensteuertabelle ablesbar ist. Einzelheiten zu den Abzugsbeträgen und der Ermittlung der Einkommensteuer ergeben sich aus dem folgenden Abschnitt.

4. Sonderausgaben

Grundlage der Einkommensbesteuerung sind die Einkünfte, die - wie vorstehend dargestellt - sich nach Abzug der beruflich bedingten Aufwendungen ergeben. Diese beruflich bedingten oder besser: durch die Einkunftsart bedingten Aufwendungen sind grundsätzlich unbegrenzt abzugsfähig.

Daneben sind privat bedingte Abzüge zulässig, die jedoch in ihrer Höhe begrenzt sind. (Auch die unbegrenzt abzugsfähigen privat bedingten Abzüge sind durch die Höhe des zu versteuernden Einkommens begrenzt.)

Die Zulässigkeit bestimmter Abzüge und die Unzulässigkeit anderer sowie die Grenzen in der Höhe der Abzugsfähigkeit sind teilweise schwer nachvollziehbar. Es überrascht daher nicht, daß insofern zahlreiche verfassungsrechtliche Verfahren anhängig sind. Vom Grundsatz her sollen unvermeidbare private Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer abgezogen werden. Es geht also um die "Eliminierung indisponiblen Einkommens aus der Steuerbemessungsgrundlage" (Tipke, Steuerrecht, S. 302). Dies erfordert der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Tipke a.a.O.).

Die gegenwärtige Rechtslage dürfte diesem Grundgedanken nicht voll entsprechen. In der politischen Diskussion werden vorwiegend allgemeine Gerechtigkeitsgesichtspunkte, wirtschafts- und sozialpolitische Argumente und fiskalische Zweckmäßigkeiten vorgetragen. Die Bestimmung eines konkreten Sachverhalts als Sonderausgabe durch Ableitung aus einem allgemeinen Rechtssatz ist daher nicht möglich.

Bei den Sonderausgaben handelt es sich also um private Ausgaben unterschiedlicher Art. Sie haben gemeinsam, daß sie privat, also nicht durch eine Einkunftsart veranlaßt sind. Weiterhin haben sie gemeinsam, daß sie abschließend aufgezählt sind, außer den gesetzlich erwähnten Tatbeständen es also keine Sonderausgabe gibt. Im übrigen besteht keine Einigkeit über eine Definition der Sonderausgabe.

Nach dem Einkommensteuergesetz zählen zu den Sonderausgaben die §§ 10 - 10 h. An dieser Stelle seien folgende Sonderausgaben erwähnt:

- Vorsorgeaufwendungen

- gezahlte Kirchensteuer

- Steuerberatungskosten

- Berufsausbildungskosten

- Spenden

Es sei nochmals daraufhingewiesen, daß es sich bei den Sonderausgaben um private Aufwendungen handelt. Soweit diese Aufwendungen einer Einkunftsart zuzuordnen sind, sind sie dort zu berücksichtigen.

Fortbildungskosten in einem ausgeübten Beruf gehören daher nicht zu den hier erwähnten Berufsausbildungskosten, sondern zu den Werbungskosten oder betriebsausgaben dieses Berufes. Auch Steuerberatungskosten für die Beratung im Zusammenhang mit einem vermieteten Gebäude gehören nicht zu den Sonderausgaben, sondern zu den Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (nach R 102 EStR ist jedoch bei Beträgen von insgesamt nicht mehr als DM 1.000,00 der Aufteilung des Steuerpflichtigen zu folgen). In der Regel ist der Ansatz bei den Einkunftsarten steuerlich günstiger.

Bei den Sonderausgaben werden beschränkt abzugsfähige und unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben unterschieden. Es wurde bereits erwähnt, daß auch die unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben nur bis zur Höhe des zu versteuernden Einkommens abzugsfähig sind. Für die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben gelten weitere Einschränkungen.

Eine besonders komplizierte Regelung stellt die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen (Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Renten- und Lebensversicherungen) dar. Die Berechnung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen sei an folgendem Beispiel erläutert.

Beispiel:

Ein lediger Arbeitnehmer, 25 Jahre alt, erzielt einen Jahresbruttolohn von DM 30.000,00. Für die gesetzliche Sozialversicherung wurden ihm DM 5. 550,00 einbehalten. Für die Kfz-Haftpflichtversicherung hat er DM 1.000,00 bezahlt. Der Steuerpflichtige möchte wissen, wie groß der Steuervorteil aus dem Abschluß einer Lebensversicherung ist.

Die Beiträge zur Lebensversicherung stellen Vorsorgeaufwendungen dar. Der Abzug der Vorsorgeaufwendungen ist begrenzt. Zu den Vorsorgeaufwendungen gehören auch die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und die Prämien für eine Haftpflichtversicherung. Der Steuerpflichtige hat also folgende Vorsorgeaufwendungen:

Sozialversicherung 5.550
Haftpflichtversicherung 1.000
Summe 6.550

Text Vorspalte Vorspalte abzugsfähig
Vorsorgeaufwendungen
6.500
Vorwegabzug 6.000
Kürzung 30.000 x 16% 4.800 1.200 1.200
verbleiben
5.350
abzugsfähig zu 100%
2.610 2.610
verbleiben
2.740
abzugsfähig zu 50%
2.610 1.305
steuerliche Auswirkung

5.115
nicht abzugsfähig
130

Es ergibt sich aus dem vorstehenden Beispiel, daß von den gesamten Vorsorgeaufwendungen von DM 6.550,00

- zu 100 % abzugsfähig ist ein Teilbetrag von DM 1.200,00

- und zu 100 % ein weiterer Teilbetrag von DM 2.610,00


- zu 50 % abzugsfähig ist ein weiterer Teilbetrag von DM 2.610,00


- der Rest von DM 130,00 ist nicht abzugsfähig.

Dieser Arbeitnehmer hat also die Höchstgrenze für den Abzug von Vorsorgeauf-wendungen bereits erreicht. Prämien für eine Lebensversicherung wären also nicht zusätzlich abzugsfähig. (Es verbliebe allerdings ein Steuervorteil aus dem Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages insofern, als der Zufluß des Zinsanteils aus einem steuerlich anerkannten Lebensversicherungsvertrag bisher steuerfrei erfolgt.)

Da die gesetzliche Sozialversicherung zu den Vorsorgeaufwendungen zählt, hat ein lediger Arbeitnehmer bereits bei einem Jahresgehalt von DM 32.000,00 mit diesen Aufwendungen den Höchstbetrag für Vorsorgeaufwendungen erreicht. Bei Verheirateten verdoppeln sich diese Beträge.

Selbständige können höhere Vorsorgeaufwendungen geltend machen, da bei ihnen der Vorwegabzug von DM 6.000,00 bzw. DM 12.000,00 nicht um den Arbeitgeberanteil für Aufwendungen zur Sozialversicherung um fiktiv 16 % des Bruttolohnes gekürzt wird.

Hinzuweisen ist auf die steuerlichen Aspekte einer Finanzierung mit Lebens-versicherungen. Grundsätzlich verlieren zu Finanzierungszwecken eingesetzte Lebensversicherungen ihren Vorsorgecharakter mit der Folge, daß die Beiträge zur Lebensversicherung nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können und der Zinsanteil bei Zufluß steuerpflichtig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Wirtschaftsgut finanziert wird, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt ist, was bei Immobilien häufig der Fall sein dürfte. Eine Finanzierung über Lebensversicherungen erfolgt in der Weise, daß für die Finanzierung des Gebäudes ein Darlehen aufgenommen wird, dieses Darlehen aber nicht getilgt wird, sondern lediglich die laufenden Zinsen bezahlt werden. Gleichzeitig erfolgen Zahlungen für eine Lebensversicherung. Die Zahlungen an die Lebensversicherung sind (evtl. teilweise oder nicht, vgl. vorstehendes Beispiel) steuerlich abzugsfähig. Die von der Lebensversicherung erwirtschafteten Zinsen sind steuerfrei. Die für das Darlehen gezahlten Zinsen sind als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig. Mit der angesparten Lebensversicherungssumme wird das Darlehen getilgt. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorteile kann sich in diesem Fall ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber einer Finanzierung nur über Darlehen ergeben.

5. Außergewöhnliche Belastungen

Bei den auß ergewöhnlichen Belastungen sind die allgemeinen auß ergewöhn-lichen Belastungen und die außergewöhnlichen Belastungen in besonderen Fällen zu unterscheiden.

Allgemein liegt eine außergewöhnliche Belastung vor, wenn folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:

- außergewöhnlich

- zwangsläufig

- notwendig

- angemessen

Als außergewöhnliche Belastungen werden Krankheitskosten einschließlich Kosten für Brillen anerkannt. Darüber hinaus wird der Tatbestand der außergewöhnlichen Belastung sehr restriktiv ausgelegt.

Die außergewöhnlichen Belastungen in besonderen Fällen betreffen den Unterhalt von Angehörigen, den Ausbildungsfreibetrag, die Beschäftigung einer Haushaltshilfe in besonderen Fällen (z.B. ab 60. Lebensjahr), Pauschbeträge für Behinderte und Kinderbetreuungskosten bei Alleinstehenden.

6. Freibetr&auml:ge

Mit Freibeträgen werden persönliche Besonderheiten berücksichtigt, ohne daß es auf die tatsächliche Höhe von Aufwendungen ankommt. An dieser Stelle sind zu nennen:

Kinderfreibetrag 6.264,00

(alternativ ein Kindergeld von 220 - 350 DM mtl.)

Haushaltsfreibetrag für Alleinstehende mit Kind 5.616,00

Altersentlastungsbetrag ab 64. Lebensjahr bis 3.720,00

7. Einkommensteuertarif

Der Einkommensteuertarif ergibt sich aus der Einkommensteuertabelle. Daneben gibt es jedoch etliche Besonderheiten, die als gesonderter Tarif anzusehen sind.

Insgesamt ergeben sich 6 Einkommensteuertarife:

  1. Normaltarif
  2. Progressionsvorbehalt
  3. ermäßigter Steuersatz
  4. Besteuerung gewerbliche Einkünfte
  5. pauschale Lohnsteuer

Hier soll nur der Normaltarif behandelt werden. Hierbei wird unterschieden zwischen dem Grundtarif für Alleinstehende und dem Splittingtarif für Verheiratete. Bei dem Grundtarif werden die folgenden 4 Tarifzonen unterschieden:

zu versteuerndes Einkommen Zone Steuersatz
0 - 12.095 Nullzone 0 %
12.096 - 120.041 Progressionszone 25,9 - 53 %
> 120.041 Proportionalzone 53 %
bei gewerblichen Einkünften Kappung auf 47 %

Die Einkommensteuer eines Ledigen mit einem zu versteuernden Einkommen von DM 24.000,00 erreicht eine Steuerprogression von 27 %. Dies läßt sich wie folgt berechnen:

1. zu versteuerndes Einkommen DM 24.000
2. Nullzone DM 12.095
3. Progressionszone DM 11.905
4. Einkommenssteuer ( DM 11.905,00 x 27 % =) DM 3.214

Auch der Einkommensteuertarif für Personen, die ein sehr hohes Einkommen haben, beinhaltet also die Nullzone, die Progressionszone und die Proportionalzone. Ein Durchschnittssteuersatz von 53 % wird daher nie erzielt. In obigem Beispiel beträgt der Durchschnittssteuersatz 13,39 %, obwohl (oder besser: weil lediglich) ein Betrag von DM 11.905 sich in die Progressionszone mit einer Besteuerung von mindestens 25,9 % erstreckt.

Die Formeln für die Berechnung der Einkommensteuer finden sich in § 32 a EStG. Es handelt sich um 4 Formeln für verschiedene Einkommensgruppen.

8. Erhebung der Einkommensteuer

Die Einkommensteuer wird aufgrund der Einkommensteuererklärung und des hierauf ergehenden Einkommensteuerbescheides erhoben. Die Ermittlung der Einkommensteuer wurde im Vorhergehenden erläutert.

Da die Einkommensteuerveranlagung durch das Finanzamt nicht zeitnah erfolgt, müssen während des jeweiligen Veranlagungsjahres Steuervorauszahlungen geleistet werden. Die Steuervorauszahlungen der Arbeitnehmer werden als Lohnsteuer bezeichnet. Die Steuervorauszahlungen der Selbständigen und anderer Gruppen werden Einkommensteuervorauszahlungen genannt. Bei Zahlungen an Kapitalanleger wird Körperschaftsteuer und/oder Kapitalertragsteuer einbehalten.

Bei der Festsetzung der zu zahlenden Einkommensteuer aufgrund des Einkommensteuerbescheides ist zu berücksichtigen, ob und ggf. in welcher Höhe der Steuerpflichtige bereits Zahlungen geleistet hat. Ein Einkommensteuerbescheid enthält daher neben der Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer folgende Abrechnung:

Festzusetzende Einkommensteuer

- einbehaltene Lohnsteuer

- Einkommensteuervorauszahlungen

- Körperschaftsteuergutschriften

- Kapitalertragsteuergutschriften

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= Nachzahlung / Erstattung

Ergibt sich aufgrund eines Einkommensteuerbescheides eine Nachzahlung, prüft das Finanzamt, ob künftig Einkommensteuervorauszahlungen bzw. höhere oder niedrigere Einkommensteuervorauszahlungen zu leisten sind. Auch in anderen Fällen wird geprüft, ob die voraussichtlich für das Kalenderjahr zu entrichtende Einkommensteuer durch Steuervorauszahlungen abgedeckt ist. Ist dies nicht der Fall, wird der Steuerpflichtige zu entsprechenden Einkommensteuervorauszahlungen veranlagt. Diese Einkommensteuervoraus-zahlungen sind 1/4jährlich zu leisten und zwar zum 10.03., 10.06., 10.09. und 10.12. eines jeden Jahres.

Von besonderer Brisanz ist die sog. 5. Vorauszahlung. Das Finanzamt kann nämlich noch 15 Monate nach Ablauf eines Kalenderjahres für dieses Kalenderjahr Einkommensteuervorauszahlungen festsetzen. Ergeht also am 31.03.96 ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 und ergibt sich aufgrund dieses Einkommensteuerbescheides für 1993 eine Steuernachzahlung von z.B. DM 10.000, so wird das Finanzamt im Zweifel davon ausgehen, daß auch in den Folgejahren entsprechend hohe Einkünfte erzielt wurden und entsprechend hohe Nachzahlungen fällig sind. Da seit Ende des Jahres 1994 noch keine 15 Monate vergangen sind, kann für dieses ebenfalls eine Steuernachzahlung in gleicher Höhe festgestellt werden. Das gleiche gilt für das Jahr 1995. Im Jahr 1996 werden die 1/4jährlichen Vorauszahlungen entsprechend angepaßt. Dies kann bedeuten, daß nicht einmal sondern dreimal DM 10.000 Nachzahlung zum gleichen Termin fällig sind. Dies kann im Einzelfall von erheblicher liquiditätsmäßiger Bedeutung sein.

Sollte die Annahme des Finanzamtes, es seien in den Folgejahren entsprechend hohe Einkünfte erzielt worden, nicht zutreffen, kann ein Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen gestellt werden. Ist dieser Antrag ausreichend begründet, werden die Einkommensteuervorauszahlungen entsprechen herabgesetzt.

© Reinhard Kollosche

e-mail Reinhard Kollosche


Stand der Bearbeitung: September 1997

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